1. Sowohl die ordentliche als auch die außerordentliche Kündigung eines Schwerbehinderten bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle (= die zuständige Behörde), § 15 SchwbG.
Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung von der Behinderung gewusst hat.
Voraussetzung für die Anwendung des § 15 und damit den erhöhten Kündigungsschutz ist aber, dass die Schwerbehinderteneigenschaft zum Zeitpunkt der Kündigung bereits festgestellt oder ihre Feststellung beantragt war. Ist dies der Fall, muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung von der Antragstellung bzw. der Anerkennung als Schwerbehinderter informieren. Tut er dies nicht, verliert er den erhöhten Kündigungsschutz des § 15. Die Behinderung spielt dann nur noch bei der Interessenabwägung eine Rolle.
Wichtig:
Ist der Schwerbehinderte noch nicht länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt, ist die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Kündigung nicht erforderlich.
2. Greift der erhöhte Kündigungsschutz ein, ist die Kündigung bis zum Zeitpunkt der Zustimmung durch die Hauptfürsorgestelle unwirksam. Das bedeutet insbesondere, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer sofortige Weiterbeschäftigung verlangen kann (die Durchsetzung des Anspruchs erfolgt mittels einstweiliger Verfügung). § 16 SchwbG ordnet zudem an, dass die Kündigungsfrist mindestens vier Wochen beträgt.
3. Entscheidungskriterien der Hauptfürsorgestelle
a) Wird der Betrieb eingestellt, muss die Hauptfürsorgestelle zustimmen.
b) Liegt der Kündigungsgrund in einer Betriebseinschränkung, "soll" die Zustimmung erteilt werden, wenn die Gesamtzahl der verbleibenden Schwerbehinderten die 6-Prozent-Marke nicht unterschritten wird.
c) Erfolgt eine außerordentliche Kündigung aus Gründen, die nicht mit der Behinderung zusammenhängen, "soll" die Zustimmung ebenfalls erteilt werden.
d) In allen Fällen ist die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.
4. Das Verfahren
a) Der Schwerbehinderte ist von der Hauptfürsorgestelle vor deren Entscheidung anzuhören. Zudem muss eine Stellungnahme des Betriebs- bzw. Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung eingeholt werden.
Ist die Zustimmung erteilt worden, kann der Arbeitnehmer dagegen zum einen Widerspruch einlegen und bei dessen Erfolglosigkeit Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Allerdings haben Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung.
Zum anderen hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht zu erheben.
b) Möglich ist, dass die Hauptfürsorgestelle der Ansicht ist, dass eine Zustimmung gar nicht erforderlich ist. Dann hebt dies die "Kündigungssperre" auf und die Behinderung ist nur noch bei der Interessenabwägung im Kündigungsschutzverfahren zu berücksichtigen.